Der unsichtbare Tropenhelm

Der unsichtbare Tropenhelm

Wie koloniales Denken noch immer unsere Köpfe beherrscht

von Friederike Habermann

Erschienen am 29.04.2013
112 Seiten
ISBN: 978-3927369757

Wer die abendländische Gesellschaft für frei, aufgeklärt und gerecht hält, wird über die Wunden, auf die Friederike Habermann den Finger legt, erstaunt sein: Die Ökonomin, Historikerin und Politikwissenschaftlerin zeigt auf, warum die westliche Gesellschaft auf struktureller Gewalt basiert und die vielgerühmte Freiheit des Westens in Wirklichkeit eine Freiheit der Angepassten ist. Ihre fulminante Tiefenkritik der unsichtbaren Tropenhelme, unter denen wir bis heute ein kolonialistisches Denken zelebrieren, macht deutlich, wie der weitverbreitete Wahn, die westliche Kultur sei die höchste Stufe kultureller Entwicklung, weltweit subtil und offen Gewalt ausübt. Sie zeigt die Ursprünge von Konkurrenz und Rassismus auf und eröffnet so eine Perspektive zur Überwindung von Ausbeutung und Unterdrückung und zur Emanzipation des Anderen.

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Rezensionen

von Reinhild Khan in ekz Bibliotheksservice

… als Denkanstoß und Appell, Privilegien und weißes Überlegenheitsgefühl zu verlernen, gern empfohlen.

von Ursula Rütten in Deutschlandradio Kultur

Habermann verknüpft schlüssig und gut nachvollziehbar Erkenntnisse mit alltäglichem Erleben. So zeigt sie beispielsweise auf, wie wir Weißen uns trotz aller verfassungsmäßig garantierten Freiheiten und Moralappelle zur political correctness verbiegen. Eben durch über Generationen verinnerlichte Ansprüche und durch Zuordnungen von ›oben‹ und ›unten‹.

Aus der Sendung »Lesart« vom 16. Februar 2014.

von Sylvia Buttler in Oya – anders denken. anders leben 21/2013

Der leichtfüßige Titel und das handliche Format dieses Buchs lassen zu Beginn der Lektüre kaum erahnen, welch schwergewichtiger Inhalt den Leser erwartet. Viel mehr als nur ein Denkanstoß, ist dies ein Buch, das lange nachwirkt.
Der erste Teil untersucht die Geschichte des Kolonialismus und den Ursprung des Überlegenheitsgefühls, das bis heute fest in unseren Köpfen sitzt. Er analysiert auf sehr deutliche Weise, wie europäische Kolonialstaaten sich das angeblich »leere Land« in weiten Teilen Afrikas und der Südsee aneigneten. Die Einwohner dieser Länder, auf die sie aus irgendeinem unerfindlichen Grund Anspruch zu haben glaubten, nahmen sie als Menschen kaum wahr und wenn, dann keinesfalls als gleichwertige, sondern als dumme, zurückgebliebene und bösartige Wesen. So ging es bekanntermaßen bis weit ins 20. Jahrhundert hinein.
Wer meint, dass dann alles besser geworden wäre – schließlich lieben die Deutschen Barack Obama –, der irrt gewaltig: Im zweiten Teil deckt das Buch schonungslos den alltäglichen Rassismus auf, der uns heute noch umgibt und den wir alle mehr oder weniger in uns tragen. Kinderbücher – siehe die Debatte über die Entfernung rassistischer Ausdrücke aus Werken von Lindgren, Preußler, Ende usw. –, Geschichtsbücher, Zeitungen und Gespräche sind voll davon. Wo kann man schon lesen, dass der Zweite Weltkrieg einundzwanzig Millionen (!) Opfer in China gefordert hat? Oder dass in der Türkei 12 Prozent der Vorstandsmitglieder in Unternehmen Frauen sind, in Deutschland aber gerade mal 3,2 Prozent?
Afrika wird ohnehin nur als Kontinent der Hungernden wahrgenommen, die dringend uns Europäer als ihre Wohltäter und Retter brauchen. Niemand mag sich daran erinnern, dass vor der Invasion der Europäer keine Lebensmittellieferungen nötig waren. Wir sprechen gerne von »Entwicklungshilfe«, aber Entwicklung wozu oder wohin? Sollen alle so werden wie wir? Da ist dieses starke Überlegenheitsgefühl, wie bei dem Ehepaar, das eine russische Haushaltshilfe einstellt und sich keine Gedanken darüber macht, warum deren Universitätsabschluss in Deutschland nicht anerkannt wird – man gibt ihr doch Arbeit und fühlt sich gut dabei.
Die Liste des Alltagsrassismus ist lang und unerfreulich, und jeder, der dieses Buch liest, wird sich an irgendeiner Stelle ertappt fühlen. Die Frage am Ende ist: Was tun mit dieser Erkenntnis? Ist es möglich, den Rassismus aus den Köpfen zu verbannen? Werden wir ihn wieder los, den weißen Mann, der auszog, die Welt zu »zivilisieren«? Werden wir irgendwann auf Augenhöhe miteinander leben und reden? Die Autorin hat noch Hoffnung und gibt diese an ihre Leser weiter. Versuchen wir es. Aber leicht ist es nicht. Es bedarf noch viel Übung und vor allem auch öffentlicher Diskussion.